Hannes Zulauf
Für Wahnwitzige, Poeten und Verliebte
13. Mai - 4. Juni 2017
︎︎︎
Der Stab mit dem ich in den Sehnsüchten wühle
weit hinaus ins Urflimmern, wo Ideen noble Wesen ohne Hintergedanken sind
Über die Kante der eigenen Vorbehalte muss er gebrochen werden, damit der Strahlenkranz in alle Richtungen zeigen kann
(Der Schamane muss in die Unterwelt wie ins Himmelreich reisen, um die Ganzheit der Geisterwelt zu kennen)
Das ist dann kein schlechter Ausgangspunkt.
Noch ist man etwas zu strukturiert, noch etwas zu gewalttätig
abwechslungsweise dem Denken und dem Fühlen gegenüber
Doch wenn die Zeichenmasse aufgelockert wird
Die Bedeutung poetisch aufgekratzt in der Sonne liegt
Frisch und unverbraucht
Einlädt
von jugendlichen Händen ins Gesicht geschaufelt zu werden
Ergibt es sich
Dass dort
ein Standpunkt möglich wird
von wo aus
und nur von dort
Man seinen Träumen eine Chance geben kann
(Diese Bilder malen kann)
Sich auf wilde Semiosen einlassen kann
Anhand des Zitates von William Shakespeare: „Wahnwitzige, Poeten und Verliebte bestehn aus Einbildung” beschreibt die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann in ihrem Werk Im Dickicht der Zeichen (2015) den Wahrnehmungsmodus der wilden Semiose wie folgt:
"Wilde Semiose ist das weite Feld, das sich zwischen den Polen des Pathologischen und des Kreativen ausdehnt. Die drei genannten Aussenseiter verbindet, dass sie sich von den gesellschaftlich sanktionierten Standards der Zeichenlogik freimachen, aus unterschiedlicher Motivation neue Verbindungen und Bedeutungen entdecken, und damit immer neue Ähnlichkeiten offenbaren [...]. Diese Fragmentierung der Zeichenordnung macht sie als Medium zwischenmenschlicher Kommunikation unbrauchbar, dafür gewinnt sie aber in besonderen Augenblicken ein neues Gewicht und eine neue Gegenwart. Dem Schizophrenen (wie dem Künstler, dem Liebenden und man kann noch hinzufügen: dem Mystiker) wird der Gegenstand der Betrachtung prä-sent, das heisst, er wird aufdringlich und bleibt vor seinen Sinnen stehen."
Hannes Zulauf (*1992) lebt in Bern und arbeitet in Aarau. Maler und Dichter mit Interesse am Zustandekommen grosser Bedeutung und den damit verbundenen Ängsten; der Frage, wie viel Pathos er sich und seinen Mitmenschen zumuten kann sowie der Gefahr am privatsprachlichen Daumen zu lutschen.
Für Wahnwitzige, Poeten und Verliebte
13. Mai - 4. Juni 2017
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Der Stab mit dem ich in den Sehnsüchten wühle
weit hinaus ins Urflimmern, wo Ideen noble Wesen ohne Hintergedanken sind
Über die Kante der eigenen Vorbehalte muss er gebrochen werden, damit der Strahlenkranz in alle Richtungen zeigen kann
(Der Schamane muss in die Unterwelt wie ins Himmelreich reisen, um die Ganzheit der Geisterwelt zu kennen)
Das ist dann kein schlechter Ausgangspunkt.
Noch ist man etwas zu strukturiert, noch etwas zu gewalttätig
abwechslungsweise dem Denken und dem Fühlen gegenüber
Doch wenn die Zeichenmasse aufgelockert wird
Die Bedeutung poetisch aufgekratzt in der Sonne liegt
Frisch und unverbraucht
Einlädt
von jugendlichen Händen ins Gesicht geschaufelt zu werden
Ergibt es sich
Dass dort
ein Standpunkt möglich wird
von wo aus
und nur von dort
Man seinen Träumen eine Chance geben kann
(Diese Bilder malen kann)
Sich auf wilde Semiosen einlassen kann
Anhand des Zitates von William Shakespeare: „Wahnwitzige, Poeten und Verliebte bestehn aus Einbildung” beschreibt die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann in ihrem Werk Im Dickicht der Zeichen (2015) den Wahrnehmungsmodus der wilden Semiose wie folgt:
"Wilde Semiose ist das weite Feld, das sich zwischen den Polen des Pathologischen und des Kreativen ausdehnt. Die drei genannten Aussenseiter verbindet, dass sie sich von den gesellschaftlich sanktionierten Standards der Zeichenlogik freimachen, aus unterschiedlicher Motivation neue Verbindungen und Bedeutungen entdecken, und damit immer neue Ähnlichkeiten offenbaren [...]. Diese Fragmentierung der Zeichenordnung macht sie als Medium zwischenmenschlicher Kommunikation unbrauchbar, dafür gewinnt sie aber in besonderen Augenblicken ein neues Gewicht und eine neue Gegenwart. Dem Schizophrenen (wie dem Künstler, dem Liebenden und man kann noch hinzufügen: dem Mystiker) wird der Gegenstand der Betrachtung prä-sent, das heisst, er wird aufdringlich und bleibt vor seinen Sinnen stehen."
Hannes Zulauf (*1992) lebt in Bern und arbeitet in Aarau. Maler und Dichter mit Interesse am Zustandekommen grosser Bedeutung und den damit verbundenen Ängsten; der Frage, wie viel Pathos er sich und seinen Mitmenschen zumuten kann sowie der Gefahr am privatsprachlichen Daumen zu lutschen.